Produkt: Rundschau für Internationale Herrenmode 7-8.2018
Rundschau für Internationale Herrenmode 7-8.2018
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Die Nähfaden-Nummerierung

Garn in verschiedenen Farben

Hast Du schon einmal nachgeschaut, was auf einer Garnspule drauf steht und Dich gewundert was die Nummerierung des Garns zu bedeuten hat? Ein Buch mit sieben Siegeln? Nein, wir erklären Dir wie man das Nummerierungssystem auf dem Nähgarn liest und was es über Material, Beschaffenheit und Feinheit des Nähfadens aussagt.

Inhalt

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Fachbuch Atelier – Fachwissen aus der Praxis Teil 1 (aktuell ausverkauft).

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Nimmt man mehrere Garnspulen in die Hand liest man zum Beispiel: Nr. 120 bei einer Spule, Nm 120/2 bei einer großen Spule. Das ist etwas irritierend, denn der Faden mit der Stärke 120/2 ist deutlich feiner als der mit der Stärke Nr.120. Das Garnnummerierungssystem nach dem metrische System ist heute neben der Englisch-Nummerierung (No) allgemein übliche Beschriftung zur Angabe der Garnbeschaffenheit auf allen Nähfäden. Es gibt genügend Fachliteratur, die sich mit der Thematik der Nähfadennummerierung auseinandersetzt. Meist sind diese aber zu ausführlich und damit zu kompliziert und oftmals verwirren sie mehr, als dass sie helfen. Leider sind die Ausführungen zum Teil auch falsch und irritierend.

Dicker oder dünnes Nähgarn

Die Beschreibungen dickes oder dünnes Nähgarn sind nicht ausreichend. Wer sich einmal einen Nähfaden unter dem Mikroskop angesehen hat, wird auch sehr schnell feststellen, warum die Angabe des Querschnitts als Maß für die Dicke nicht sinnvoll ist, da das Garn nicht absolut rund ist und außerdem die Haare bei den gesponnenen oder Umspinnzwirnen ein Ausmessen kaum ermöglichen. Angenommen Sie haben ein Fadenstück von 1 g Gewicht, dann ist das dünnere Garn länger als das dickere – hier spricht man von der Gewichtsnummerierung.

Man kann aber diesen Vergleich auch herumdrehen: Man hat ein Fadenstück von 1 Meter Länge, dabei ist das dicke Garn schwerer als der dünne – hier wird von der Längennummerierung gesprochen. Im Vordergrund steht das heute allgemein übliche Nummerierungssystem, welches auf der Nummer metrisch (Nm) beruht. Bevor man einen Faden verkauft, muss er erst einmal produziert werden. So werden in der Spinnerei z.B. aus 1 Tonne Fasermaterial 120.000 km Nähgarn ausgesponnen. Dies entspricht einer Länge von 120 Metern, bezogen auf 1 Gramm Gewicht. Dies nennt man dann Nm 120/1. Die Zahl vor dem Strich ergibt die Lauflänge, die Zahl nach dem Strich das Gewicht des Garns.

Lauflänge und Gewicht des Nähgarns

Der einfache gesponnene Zwirn hat wie eine Feder die Tendenz wieder zurückzuspringen. Um dies zu verhindern werden zwei oder mehr Einzelfäden entgegengesetzt zusammengezwirnt. Werden nun zwei Fäden zusammengezwirnt, so ist das Gewicht im Vergleich zum einfachen Faden doppelt so hoch, d.h. das Garn besitzt jetzt die Stärke von Nm 120/2, werden aber drei Fäden zusammengezwirnt, der Faden also dreimal so schwer, so ergibt sich daraus die Stärke von Nm 120/3. Die Zahl hinter dem Strich gibt demzufolge nicht nur das Gewicht an, sondern auch aus wieviel Einzelfäden das Nähgarn besteht. Früher waren fast jedes Garn aus drei Einzelfäden zusammengezwirnt. Der Grund hierfür lag darin, dass die Nähfäden verstärkt Dick- und Dünnstellen aufwiesen und bei einem dreifachen Garn diese mehr ausgeglichen werden im Vergleich zu einem zweifachen. Die Technik hat große Fortschritte gemacht und der Einzelfaden ist immer gleichmäßiger geworden. Deswegen bestand nicht mehr die Notwendigkeit, das Nähgarn aus drei Einzelfäden herzustellen, wenn zwei Einzelfäden denselben Zweck erfüllen, was in den feinen Stärken sicherlich richtig ist.

So entstand z.B. ein Nähgarn der Dicke Nm 80/2, d. h. 80 m wiegen 2 Gramm. Diese Stärke Nm 80/2 hat die bisherige Stärke Nm 120/3 abgelöst, beide Garen haben den gleichen Querschnitt. Stimmt dies? Erinnern wir uns an den Dreisatz und suchen einen gemeinsamen Divisor, nämlich 1 g. Beispiel Nm 120/3: 120 m wiegen 3 g, also 1 g = 40 m. Nm 80/2: 80 m wiegen 2 g, also 1 g = 40 m. Dadurch, dass nun einige Garne zweifach und andere wiederum dreifach waren, konnten die Nähfäden nicht direkt miteinander verglichen werden, d. h. die alte Aussage, dass je höher die Zahl, umso feiner das Garn, stimmte nicht mehr. Eigentlich wäre es in dem Falle richtig gewesen, wenn man die Nähfäden umgerechnet hätte auf 1 g Gewicht, d. h. sowohl bei Nm 120/3 als auch Nm 80/2 würde dies Nm 40/1 bedeuten. Auch wenn dies sehr logisch ist, der Verarbeiter war nun den dreifachen Faden gewohnt. Da der Kunde König ist, musste ein neues System gefunden werden, das auf dem alten basiert.

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Also wird der Nähfaden umgerechnet auf 3 g, auch dann, wenn er aus zwei Einzelfäden besteht. Wie schon vorher aufgezeigt, würde dann der Nähfaden Nm 80/2 die neue Nm 120/3 erhalten – dies ist aber falsch, weil der Faden eben nur aus zwei Einzelfäden besteht. Also lässt man die Zahl hinter dem Strich weg und aus der Nm120/3 wird dann die Stärke No.120. Wen interessiert es schon, ob der Nähfaden aus zwei oder mehr Einzelfäden besteht, wichtig ist, dass Klarheit in der Dickenbezeichnung herrscht. Die Stärkenbezeichnung Nm 120 ist nicht ganz richtig, nach dem deutschen Eichgesetz auch nicht mehr erlaubt. Deswegen wurde aus der Nm als Ersatz die Nummer, in der Abkürzung No., Nr. oder Etikett gewählt, teilweise auch nur als reine Zahl ohne jeglichen Zusatz.

Wenn Sie also einen Nähfaden der Dicke 75 kaufen, so kann dies die Stärke Nm 25/1 sein, oder Nm 50/2, oder Nm 75/3. Wenn Sie das Vorstehende verstanden haben und dies auch dem Auszubildenden weitergeben können, sind Sie schon fast ein Nähfadenprofi. Sie werden aber sicherlich schon festgestellt haben, dass es für den Nähfaden auch andere Stärkennummerierungen gibt. Ihnen ist sicherlich ein derartiges System schon lange bekannt unter der Bezeichnung Titer Denier, abgekürzt auch den. Wer Damenstrümpfe kauft, achtet auch auf die Stärke. Die ganz dünnen, empfindlichen Nylonstümpfe hatten früher eine Stärke von beispielsweise 16 den, die dickeren von 20 bis 22 den. Ausgangsbasis ist hierbei eine Lauflänge von 9.000 m, d. h. bei 20 den haben 9.000 m ein Gewicht von 20g.

Diese Stärkenbezeichnung ist aber nicht mehr aktuell, denn eine Bezugsgröße von 9.000 m ist keine metrische Maßeinheit wie z.B. 1.000, 10.000 oder 100.000 m. Bei den Nähfäden wird zumeist als Basis 10.000 m gewählt, die Angabe ist dann dtex. Wiegen 10.000 m = 400 g, so spricht man von der Fadendicke 400 dtex. Auch hier wird nicht berücksichtigt, ob der Faden aus zwei, drei oder sogar mehr Einzelfäden besteht. Diese technische Dickenangabe wird unter Fachleuten praktiziert, sei es nun für Garne bei Geweben, Gurten und Ähnlichem. Wenn Sie auf die Verpackung ihrer Nylonstrümpfe schauen, werden Sie mit Erstaunen feststellen, dass hier fast ausschließlich die Angabe der Stärke in dtex erfolgt, bisweilen noch zusätzlich in Denier, so wie es früher üblich war.

 Die Englisch-Nummerierung

Für Leinen- und Baumwoll-Nähfäden gibt es andere Nummerierungssysteme. Noch vor 100 Jahren hat man im englischsprachigen Raum andere Berechnungsgrundlagen gehabt als im französischsprachigen, die Zeiten sind zum Glück vorbei. Geblieben ist aber die
Englisch-Nummerierung, die für Baumwolle und Leinen unterschiedlich ist. Leinen als Nähgarn ist heute ohne Bedeutung, seine Steifheit besonders in gewachster Form hat ihn über viele Jahre als Garn zum Knopf annähen erhalten. Ansonsten hat er aber keine Bedeutung mehr und soll deswegen hier nicht mehr erwähnt werden.

Nähgarn aus Baumwollfäden

Der Anteil des Nähgarns aus Baumwolle wird immer geringer, im Bereich der Industrie findet man eigentlich keine Baumwoll-Nähfäden mehr. Die Berechnung bei den Baumwoll-Nähfäden ist recht kompliziert, weil hierbei alte englische Maße zugrunde gelegt werden. Man sollte jedoch wissen, dass das Umrechnen der Baumwollnummer in die metrische Nummer erfolgt durch die Multiplikation % 1,69 oder abgerundet 1,7. Dies bedeutet: Ein Baumwoll-Nähfaden der Dicke No. 50 entspricht der No. 85. Bei den Baumwoll Nähfäden haben wir üblicherweise hinter der Zahl keine Angabe über die Fachung bzw. das Gewicht. Bei einem Baumwoll-Nähfaden de Dicke No. 30, 40 oder 50 muss davon ausgegangen werden, dass diese Fäden generell aus drei Einzelfäden bestehen. Es existieren aber auch Baumwoll-Nähfäden aus zwei Einzelfäden, in diesem Fall wird dann die Fachung angegeben z.B. Baumwolle Etikett 40/2. Umgerechnet auf einen dreifachen Faden wäre dies dann die Baumwollnummer Etikett 60.

Nummerierung für Stickfäden

Eine Tabelle der Nähfaden-Nummerierung ist abgebildet.

Werden Sie auch mit Stickfäden konfrontiert, so sollten Sie das Nachfolgende zumindest durchlesen. Die Stickfäden aus hochglänzender Viskose oder glänzendem Polyester werden ebenfalls nach dem Baumwoll-Nummerierungssystem angeboten. Diese Fäden sind fast ausschließlich zweifach. Man spricht hierbei nicht vom Stickfaden 40/2, sondern eigentlich nur von der Dicke 40. Bezogen auf einen dreifachen Faden wäre dies dann die Nummer 60. Dies ist sicherlich etwas verwirrend, glücklicherweise gibt es aber eigentlich nur zwei Stärken, die verstärkt angeboten werden, nämlich als Universalstärke die Nummer 40 und als gröbere die Nummer 30. Will man dies nun mit der Nm vergleichen, so muss zuerst die Stärke 40 als Nm 40/2 umgerechnet werden in die Nummer 60, diese ist dann zu multiplizieren mit 1,7, so dass letztendlich daraus die Dicke No. 100 wird.

Warum bei den Stickfäden die englische Baumwollnummerierung gewählt wurde? Der Grund liegt darin, dass man früher zum Sticken Baumwollfäden gewählt hat und die Viskose unter anderem aus Baumwollabfällen hergestellt wird. Also war es naheliegend, die Baumwollnummerierung zu wählen. Auch hier war man nicht gewillt, später umzudenken und so werden die Stickfäden aus Polyester immer noch nach dem Baumwollnummerierungssystem gekennzeichnet. Wie schön wäre es, wenn wir eines Tages einmal ein logisches und einheitliches System bei den Nähfäden hätten. Aber dann würde die Auszubildende die Meisterin in der Mittagspause sicherlich etwas anderes fragen, und dann müsste die Meisterin in ihren alten Unterlagen wieder nachschauen, denn auf jede Frage muss eine Meisterin eine Antwort haben. Für diejenigen, die noch mehr wissen wollen, gibt die Umrechnungstabelle weitere Auskünfte.

Richtiges Garn zur richtigen Nadel

Welche Nadel Du nun am besten bei welchem Garn benutz, kannst Du unserer Tabelle entnehmen. Natürlich wird beim Nähen mit der Nähmaschine das passende Garn und die richtige Nadel immer abhängig vom Stoff gewählt.

Eine Tabelle der Nähfaden Nähnadel Abstimmung ist zu sehen.

 

Unter der Kategorie Modewissen findet viele weiter informative Artikel mit Tipps und Tricks rund um das Nähen an der Nähmaschine:

 

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ich besitze noch DDR Nähgarn für die Industrie da steht 4 Fach/40/MERC drauf und wurde in Sachsen Zittau hergestellt, nach Ihrer Beschreibung besteht also der Faden aus vier Einzelfäden , die zu einem zusammengesponnen sind .Das Gewicht muß also bei 40 Meter Länge 1 Gramm betragen. Richtig?. Ich hatte über längere Zeit dieses Garn im Angebot bei EBAY, jetzt habe ich schon sieben Rollen a. ca 6000 – 8000 Meter verkauft. Ich glaube die Leute nähen sich selber Masken. Mit freundlichen Grüßen Peter Auert

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  2. Werter Herr Auert,
    ich habe auch immer noch Nähgarn aus der ehemaligen DDR gehabt und bin bis jetzt gut damit ausgekommen. Bei mir steht auf jede Rolle “BW 40”. Das hat gereicht aber jetzt ist man ja anscheinend zu blöd um Nähmaschinennähgarn zu kaufen. Diese Mengen von irgendwelchen Garnen, die bestimmt nur Insider kennen, ist ja unverständlich. Und das die Fadenstärke nicht reicht jetzt werden noch Strichnummern vergeben, damit der Wahnsinn komplett wird.
    Ich suche seit Wochen Baumwollgarn 40 . Wäre nett Herr Auert, wenn wir da vielleicht ins Geschäft kommen und sie für mich noch ein paar Spulen DDR Garn hätten. Ich nähe damit keine Masken mehr sondern repariere nur Sachen meiner Enkel, wo die Westgarne nicht gehalten haben.
    Mit freundlichen Grüßen
    M.Werner

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  3. Im Wienerischen gibt es die Redewendung “abreissen wie ein Vierziger-Zwirn” – schnell davonlaufen. Offensichtlich ist dieser Zwirn nach einer alten Nummerierung sehr dünn gewesen. Kann jemand den Hintergrung aufklären?
    (Ich arbeite gerade an einem Wiener Dialekt-Lexikon.)
    Vielen Dank und beste Grüße aus Wien
    Robert Sedlaczek

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